Leopold I.
In den Jahren 1641 und 1642 erwog man nun eine bauliche Kombination von Reitschule und Schatzkammer. Der Hofbauschreiber Frischhauser berechnete damals die Erbauung einer Schatzkammer „mit zwei gewelben über die Reitschuell am Tumblblaz“ auf 22.820 Gulden und 22 Kreuzer. Aber das Projekt fiel ins Wasser, und erst als Kaiser Leopold I. seine Erblande und das Reich regierte, kamen die Dinge bezüglich eines festen, nach allen Seiten hin geschlossenen Heimes für die kaiserliche Reitschule in Fluss. Unter diesem reichbegabten Habsburgerherrscher wurde nicht nur die Grundlage für die Musik- und Theaterstadt Wien gelegt, es setzten auch die prunkvollen Karussells und jene equestrischen Vorführungen ein, die unter dem Namen Roßballette an italienischen Höfen bereits en vogue waren, nun im Leopoldinischen Wien aber an Glanz und verschwenderischer Ausstattung weit übertroffen wurden. Ein derartiges Roßballett wurde anlässlich der Vermählung des Kaisers mit der spanischen Infantin Margareta Theresia am 24. Jänner 1667 auf dem inneren Burgplatz gezeigt, und vielleicht zum ersten Mal in Wien leitete damals menschliche Musik die Rhythmik der Pferde.
Am 20. August 1672 erging an den Schlosshauptmann von Ebersdorf die Weisung, „dem kais. Hof-Pau-Schreiber zu verförttigung Vunderschiedlicher Standt Seyln (Standsäulen) in Spainnischen Reithstall etlich Vnnd zwainzig Stamben (Stämme Holz) abuolgen zu lassen“. Erstmals taucht auch der Ausdruck Spannischer Reitstall in dieser Urkunde auf.[17]
Wichtiger als die Aufgeschlossenheit für theatralische Sinnesfreuden aber war, dass Kaiser Leopold sich entschloss, „zu Wienn auf dem Tumelplatz eine neue Reitschuel“ errichten zu lassen. So erging dann am 31. Juli 1681 – fast genau hundert Jahre nach der Gründung des Hofgestüts in Lipizza – der kaiserliche Befehl an das Hofzahlamt „zu prosequirung des auf dem Tumblplatz alhier Endtschlossenen gebeues so den gemachten Überschlag nach sich zusamben auf 44.304 fl. 30 kr. belauffen soll“. Dem Akt beigeschlossen ist ein Schreiben des Hofbauschreibers Johann Philipp Quenzer an die Hofkammer, aus dem hervorgeht, dass die alte Reitschule auf dem Tummelplatz „nunmehr schon ganz Zugrundt gangen“ war. Dem gleichfalls erhaltenen Kostenvoranschlag vom 27. Juli 1681 zufolge sollte das neue Gebäude 46 Klafter lang und 6 Klafter breit sein und „zween stöckh“ aufweisen. Für die Reitschule war das Erdgeschoss bestimmt, während man den ersten Stock der Hofbibliothek zudachte. Noch im selben Jahr wurde mir dem Bau begonnen. Er machte gute Fortschritte, und am 5. Februar 1683 berichtete Quenzer, der möglicherweise nicht nur als Hofbauschreiber fungierte, sondern auch die künstlerische Leitung innehatte, dass „der ganze Tachstuhl vber dem verfertigten thail dieses gewebs nunmehr völlig aufgesetzt, vnd mainstens auch schon Eingelattnet wordten“ wäre und es nur noch der Einhängung der Dachziegel ermangle. Bald darauf brach der Türkensturm los und zog, wie so vieles andere auch, den fertigen, dem Augustinerkloster zugewandten Teil des Reitschulgebäudes schwer in Mitleidenschaft. An eine Vollendung war im Augenblick nicht zu denken. Immerhin legte man das Vorhaben nicht ad acta. Am 23. Februar wurde das Hofzahlamt angewiesen, dem Grafen Ferdinand Bonaventura I. von Harrach jene 1326 Gulden und 26 Kreuzer zurückzuerstatten, die er „auf zuericht und Erpawung d. kay. Reitschuell“ dem Hofbauamt vorgeschossen hatte. Diesem Auftrag folgte ein Bericht des Grafen an die Hofkammer, der auf den kaiserlichen Befehl Bezug nimmt, „die kayl. Reuttschuel wiedrumben wiedrumben aufzubawn vnd also accomodirn zulassen, damit Ihro Kayl. Maytt. disen Winter hindurch Reitten vnd die Pferdt so forth exercirt vnd abgerichtet werden können …“. Die schöne Absicht, im neuen Haus die Reitübungen aufzunehmen, fand nicht nur für den Winter 1685 keine Verwirklichung. Jahr um Jahr verstrich, und nach wie vor wurde einer Fertigstellung des Baues nicht Erwähnung getan. Längst lebte Kaiser Leopold I. nicht mehr, auch sein Nachfolger Joseph I. hatte das Zeitliche gesegnet, als man, wie Rechnungen aus dem Jahre 1713 beweisen, Bauholz aus Bayern und Brennholzlieferungen zu dem immer noch „Vorhabenten kayl. gebeu auf der Reitschuell, zu Besserer erzeugung deren hierzu Erforderl. Ziegl“ bezahlen musste.
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